Kapitel 5: Scotch Und Die Welt
Um nach dem Krieg dringend erforderliche Devisen einzubringen, organisierte
die Industrie ein freiwilliges Programm zur Begrenzung des Inlandsverkaufs
von schottischem Whisky. Obwohl dieses Programm 1954 aufgegeben wurde, erreichte
der Whiskyumsatz in Großbritannien erst 1960/61 wieder sein Vorkriegsniveau.
Seitdem haben regelmáßige, scharfe Erhöhungen der Whiskysteuer
künstlich verhindert, daß ungeachtet des wachsenden Wohlstands entsprechend
mehr Whisky auf den Markt gekommen ist.
Export ist also für die Whiskyindustrie kein Fremdwort. Bereits vor dem
2. Weltkrieg betrug der Exportanteil am Gesamtumsatz über 50 %. Zirka
85 % des derzeitgen Scotch Whisky-Verkaufes gehen in den Export.
Die monatlich veröffentlichten Statistiken der Zoll- und Steuerbehörde
geben hierüber keine Auskunft; entsprechenden Umfragen ist aber zu entnehmen,
daß 15 - 20% des heimischen Whiskykonsums auf das Konto der Schotten
geht.
Als der am zuverlássigsten erfolgreichste Exportartikel des Landes leistet
Scotch Whisky einen wesentlichen Nettobeitrag zu den britischen Deviseneinkünften
und Unternehmensgewinnen. Scotch Whisky ist unter den fünf besten britischen
Exportartikeln.
In den vergangenen Jahren wurde Scotch Whisky in mehr als 190 Lánder
der Welt ausgeführt. Die größten Absatzmárkte sind Europa,
die USA und Japan.
Der Anteil der Exporte an Großbrittaniens EU-Partner betrágt 40
%. Unter Einbeziehung Großbritanniens konsumiert die EU 50 % des schottischen
Whiskys.
1939 betrugen die britischen Scotchlagerbestánde in reinem Alkohol ausgedrückt
374.3 Millionen Liter. Bei Kriegsende waren es nur noch knapp 247 Millionen
Liter. Seitdem sind die Bestánde der Nachfrage entsprechend gestiegen
und die Lagerbestánde sind bis 1990 um das Zehnfáche auf 2,543 Millionen
Liter angestiegen. Der jetzt gelagerte reife und reifende Whisky reicht aus,
um das projektierte Absatzvolumen auf fast neun Jahre hinaus zu decken.
Die Finanzierung der Lagerhaltung von heranreifendem Whisky verlangt der schottischen
Whiskyindustrie ihren größten Kapitalaufwand ab. Die für Scotch
Whisky vorgeschriebene Langzeitlagerung wirft für die Blender eine Reihe
kommerzieller Probleme auf. Das größte davon ist, die richtige Vorhersage
des Whiskybedarfes auf Jahre hinaus zu treffen. Dies tritt jede Saison auf,
wenn die Blender entscheiden müssen, wieviel Whisky einzukaufen ist.
Sowohl junger Whisky als auch gereifte Lagerbestánde werden verschiedentlich
als Geldanlage oder als Spekulationsobjekt angeboten. Hierbei muß jedoch
berücksichtigt werden, daß nur ein verschwindend geringer Teil der
Whiskygesamtproduktion auf diese Weise auf den Markt gelangt. Alle wichtigen
Blender finanzieren ihre Lagerbestánde selbst und kaufen gereiften Whisky
nur dann nach, wenn sie von der einen oder anderen Sorte zu wenig vorrátig
haben. Es gibt keine organisierte "Whiskybörse" nach dem Beispiel anderer
Waren. Ebensowenig gibt es eine offizielle Preisliste für den An- oder
Verkauf von Whisky der verschiedenen Sorten und Altersklassen. Alle solchen
Gescháfte sind höchst spekulativ, und der Verband der schottischen
Whiskyindustrie lehnt es daher prinzipiell ab, in Fragen des investitionsbezogenen
Whiskyerwerbs zu beraten.
© SWA 1996